Stellungnahme der BAG Mädchen*politik zu CORONA-Pandemie & Mädchen*
Berlin, den 6. Mai 2020
Die CORONA-Pandemie geht uns alle an. Risikogruppen müssen geschützt, unterstützt und die medizinische Versorgung gewährleistet werden. Doch diese Situation schafft und zementiert auch soziale Ungleichheiten. Besonders auffällig ist zurzeit, dass in bestimmten Bereichen von Gesellschaft bestehende Ungleichheiten in den Vordergrund rücken, so z.B. in den Geschlechterverhältnissen und der Bildungsgerechtigkeit.
In Stellungnahmen, Expertisen und Studienpräsentationen sehen wir Experten (!) zu Wort kommen, dieuns als Gesellschaft Hinweise geben und definieren, wie wir uns in der Krise verhalten sollten (vgl. Hensel 2020). Es fehlen grundlegende weibliche* Perspektiven auf die Pandemie. Gerade in der aktuellen Situation brauchen Mädchen* und junge Frauen* Aufklärung und vielfältige Role Models, an denen sie sich orientieren können. Nur so erfahren sie, dass es die Expertise aus verschiedenen Disziplinen und von verschiedenen Geschlechtern braucht, um eine solche Krise zu bewältigen. Eine Kanzlerin alleine ist da zu wenig.
Ein Großteil der Bevölkerung wurde und wird aufgefordert, sich wegen der Ansteckungsgefahr nicht aus dem Haus zu bewegen. Es entstehen gesellschaftliche Ängste, Verunsicherungen und ein Konformitätsdruck die (verordneten) Erwartungen in sozialen Interaktionen zu akzeptieren (vgl. Zeh 2020). Das Private wird zum Schutzraum erhoben. Doch nicht für alle Menschen -insbesondere auch für Kinder und Jugendliche -bedeutet der „private Bereich“ Entspannung und Sicherheit. Vor allemjene Familien, die nur schwer in dieser Situation Beruf / Alltag und Familie vereinbaren können, wie z.B. Alleinerziehende, Personen, die in gewaltvollen Familien leben, Menschen, die keinen sicheren Aufenthaltsstatus haben oder die keinen eigenen Wohnraum haben. Das Private ist und war nie für alle Mädchen* und junge Frauen* ein Schutzraum. Insbesondere im Privaten finden Grenzüberschreitungen, sexuelle Ausbeutung und soziale Isolation statt. #stayathome wird so zu einer Maxime, die für viele Mädchen* und junge Frauen* eine Maximierung der Gefährdungen, statt Schutz bedeuten kann.Von Rassismus betroffene Mädchen* und junge Frauen* werden im öffentlichen Raum seit der COVID19-Pandemie häufiger angefeindet, für sie können private Räume gleichsam häufiger ein Schutz vor Rassismus sein.
Vor dem Hintergrund der Pandemie fordert die BAG Mädchen*politik die Entscheidungsträger*innen auf, die häufig erschwerten Lebenslagen von (mehrfachdiskriminierten) Mädchen* und jungen Frauen* zu berücksichtigen. Die aktuellenMaßnahmen zur Eindämmung der COVID19-Pandemie beziehen zunächst keineBedarfe von Kindern und Jugendlichen ein und weisen keine geschlechtersensible Perspektive auf. Wir plädieren –analog zum Kinder-und Jugendhilfegesetz –für geschlechtersensible Maßnahmen, die die Lebenslagen von Mädchen*, Frauen*, Müttern*, geschlechtlicher und sexueller Vielfalt in den Blick nehmen!
Mehr Information unter:
https://www.maedchenpolitik.de/files/Dateien/PDF/Stellungnahmen/BAG_Mädchen_politik_Stellungnahme_Corona_Pandemie_Mai2020.pdf