Forderungspapier zur Postkartenaktion 2014

Forderungspapier der LAG zur Postkartensituation anlässlich des Internationalen Mädchentags 2014: 

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Wünsche und Forderungen von Mädchen und jungen Frauen in Bayern zum Internationalen Mädchentag 2014

Mädchen wird ja nachgesagt, dass sie sich gleichberechtigt fühlen und die Frauenbewegung und deren Forderungen der Vergangenheit angehören.
Eine Postkartenaktion der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Mädchen- & Frauenpolitik Bayern e.V. anlässlich des Internationalen Mädchentages 2014 hat anderes ergeben.

Mädchen und junge Frauen fordern:

  • die gleichen Chancen von Frauen und Männern im Beruf
  • gleiche Gesetze für Frauen und Männer (überall auf der Welt)

Dies sind nur zwei der Forderungen, die Mädchen und junge Frauen im Rahmen dieser Postkartenaktion an die LAG Mädchen- & Frauenpolitik Bayern e.V. richteten.

Für folgende Themenbereiche sind klare Tendenzen abzuleiten:

  • Berufs- und Lebensplanung
  • Antidiskriminierung und Gerechtigkeit
  • Gewalt

Die Forderungen lassen sich im Einzelnen wie folgt zusammenfassen:

Berufs- und Lebensplanung

Mädchen und junge Frauen fordern:

  • die gleichen Chancen von Frauen und Männern im Beruf
  • den gleichen Verdienst von Männern und Frauen
  • gleiche Zugänge von Frauen und Männern in bestimmte Berufszweige (z.B. in der Industrie)
  • eine Aufwertung von weiblich konnotierten Berufen
  • die Gewährleistung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (z.B. über flexible Arbeitszeiten, die selbstverständliche Mitarbeit von Männern im Haushalt, die staatliche Förderung von Menschen mit Kindern)
  • die Toleranz gegenüber Alleinerziehenden

Die Berufs- und Lebensplanung sowie die Situation an den Schulen scheint bestimmten Mädchen und jungen Frauen Druck zu machen: sie ringen beispielweise um gute Noten und einen guten Abschluss. Sie benennen sowohl die Angst „als Hausfrau zu enden“, als auch einmal zu bereuen, für die eigene Karriere auf Kinder verzichtet zu haben.
Diese Aussagen verweisen auf strukturelle Konfliktverhältnisse, die individualisiert bewältigt werden müssen.

ANTIDISKRIMINIERUNG UND GERECHTIGKEIT

Gewalt und Mehrfachbenachteiligungen werden auf den Karten vielfach benannt und stellen demnach eine „Alltagserfahrung“ von Mädchen und jungen Frauen dar.

Mädchen und junge Frauen fordern:

  • gleiche Gesetze für Frauen und Männer (überall auf der Welt)
  • Religionsfreiheit und die Akzeptanz von kulturellen Regeln
  • Toleranz, Respekt und Selbstbestimmung
  • Akzeptanz in Bezug auf Homosexualität sowie Behinderungen
  • das Ende von Benachteiligung, Unterdrückung, Diskriminierung und der schlechten Behandlung von Mädchen

GEWALT

Viele der eingereichten Forderungen beschäftigen sich mit Gewalt und Gewaltverhältnissen.

Folgende Themen und Bereiche können über die Aussagen differenziert werden:

  • stukturelle Gewaltverhältnisse: z.B. Benachteiligungen, Unterdrückung und Diskriminierungen, Rechtfertigungen von sexualisierter Gewalt über Vergewaltigungsmythen, Vorurteile und Klischees, die Berichterstattung in den Medien, das Ausnutzen von Machtpositionen
  • Verbale und körperliche Gewalt: z.B. aggressive Jungen, Beleidigungen, Schlägereien, das Geschlagenwerden von Mädchen
  • weibliche Beschneidung
  • Verheiratung und Verkauf von Mädchen
  • Mobbing und Ausgrenzungserfahrungen, auch in Bezug auf z.B. Rassismus und Feindlichkeit gegenüber Menschen mit Behinderung
  • sexualisierte Gewalt: z.B. Vergewaltigungen, sexueller Missbrauch, Belästigungen, verbale Beschimpfungen und Zuschreibungen, die Abwertung als Schlampe oder die Objektivierung von Mädchen und jungen Frauen
  • Zuschreibungsprozesse aufgrund von Äußerlichkeiten

Trotz „Alles-ist-heute-gut“-Diskursen, Ungleichheitstabus und der Tatsache, dass strukturelle Ungleichheitsstrukturen verdeckt werden, indem sie zu individuellen Problemen erklärt werden, nehmen Mädchen und junge Frauen nach wie vor gravierende Benachteiligungen und Unterdrückung aufgrund von Geschlechtszugehörigkeit, kulturellen Hintergründen, Behinderung oder sexueller Orientierung wahr. Die Aussagen der Mädchen über ihre Lebenssituation decken sich in hohen Maß mit der Wahrnehmung und Analyse von Fachfrauen, die mit Mädchen und jungen Frauen arbeiten und im Kontext der LAG vernetzt sind.

Die LAG Mädchen- & Frauenpolitik Bayern e.V. nimmt die Postkartenaktion zum Anlass, die Aussagen der Mädchen und jungen Frauen zu übersetzen und folgende Forderungen zu formulieren:

  • die weitere Verfolgung von Maßnahmen zur Verwirklichung von Chancengleichheit, Geschlechter- und Bildungsgerechtigkeit
  • die Durchsetzung von Gender Mainstreaming und Mädchenpolitik in allen Politikbereichen
  • verbesserte Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung von weiblich konnotierten Berufsfeldern und das Schaffen von Zugängen für Mädchen mit unterschiedlichen Hintergründen in alle Berufszweige (auch über eine entsprechende Berufsberatung, Projekte und das Abschaffen von Barrieren)
  • den Abbau von strukturellen Konfliktverhältnissen und ein konsequentes Vorgehen gegen alle Formen von sexualisierter Gewalt, Rassismus, (Hetero-)Sexismus sowie Diskriminierung aufgrund von Behinderung
  • Maßnahmen zur gesellschaftlichen Teilhabe von Mädchen mit Behinderung (z.B. im Bereich der Bildung) und Maßnahmen zur Förderung der Sichtbarkeit von Mädchen mit Behinderung in der Gesellschaft. Ermöglichen der Öffnung von Einrichtungen für Mädchen mit unterschiedlichen Behinderungen und der Vernetzung mit den entsprechenden Einrichtungen aus dem Behindertenbereich
  • die Ächtung und Abschaffung der pornofizierten und sexualisierten Darstellung von Mädchen und Frauen in den Medien und des „Schönheitswahns“ (durch z.B. ein Verbot sexistischer Werbung oder Magermodels bzw. Strafmaßnahmen gegen die verantwortlichen Agenturen, konkrete Maßnahmen zur Sensibilisierung der Gesellschaft, Gegenmaßnahmen für vielfältige Darstellungen von Mädchen und Frauen)
  • die strukturelle Absicherung von parteilich-feministischer Mädchenarbeit in allen pädagogischen Arbeitsfeldern (auch im frühkindlichen Bereich und der Schule)
  • eine flächendeckende Sensibilisierung aller im pädagogischen Bereich Tätigen für die Belange von Mädchen und jungen Frauen auf allen Hierarchieebenen
  • die Implementierung genderreflektierter Erziehung in die Ausbildungspläne sozialer Berufe
  • ausreichende Finanzierung von entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen und Vernetzung der Fachkräfte
  • das Schaffen von Artikulations- und Verständigungsräumen für Mädchen und junge Frauen
  • die Implementierung von Projekten zur Prävention von sexualisierter Gewalt, Mobbing und Ausgrenzung (inkl. der Möglichkeit, an Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungskursen teilzunehmen)
  • das Bereitstellen von Seminaren rund um das Thema „Streit und Konflikt“
  • die konsequente Berücksichtigung von mädchenpolitischer Expertise bei politischen Entscheidungen

LAG Mädchen & Frauenpolitik Bayern e.V., 3. September 2015